Wie ich ja schon dann und wann erwähnt habe, hatte ich nie wirklich vor, ganz alkoholfrei zu leben – dafür liebte ich das Guinness im Pub viel zu sehr, den wärmenden Grog an kalten Winterabenden (jaja, Glühwein fand ich immer schon heillos überbewertet) oder auch mal ein gepflegtes Glas Wein zum Essen.
Ich habe Zeit meines Lebens nie ernsthaft darüber nachgedacht, mit dem Trinken aufzuhören. Alkohol war für mich so selbstverständlich wie ein Stück meines geliebten Sonntagskuchens. Er gehörte einfach dazu – wie das Tischset unter dem Teller.
Und doch war da dieser „Gwunder“. Mal einen Monat keinen Alkohol trinken – einfach so. Ein Selbstversuch. Ich kann mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was mich Mitte Januar 2024 genau zu dieser Furzidee brachte, mal eine Zeit lang zu verzichten. Vielleicht war es wieder mal dieser eine Abend mit etwas zu viel Rotwein, der mich am Folgetag (leicht verkatert und schwer genervt von mir selbst) zur x-ten Kamillentee-Phase trieb. So richtig schlimm war es nicht – solche Ausrutscher kamen eher selten vor. Aber wenn, dann hingen sie meist mit diesem typischen „gemütlich zusammensitzen“ und „Wohlfühlen in der Gruppe“ zusammen.

Anyway – da war dieser beiläufige Satz zu meinem Schatz: „Komm, wir probieren mal einen Monat keinen Alkohol zu trinken.“ Und seine spontane, fast herausfordernde Antwort: „Pah, das ist ja keine Herausforderung – lass uns doch einfach gleich ein Jahr daraus machen.“ Und ehe ich mich versah, befand ich mich mitten in meinem alkoholfreien Jahr. Ohne Vorbereitung. Ohne Plan. Ohne große Gedanken, was mich da wohl erwarten würde. Und genau so bin ich oft unterwegs: Ich mache einfach mal. Ohne langes Wägen. Ohne Strategie. Und irgendwie dachte ich auch in diesem Jahr nie groß über den Alkohol nach. Ich vermied es fast ein wenig. Ich wollte mich nicht hineinfühlen in das, was mir womöglich fehlen würde. Mein geliebtes Guinness. Mein Grog. Mein gelegentlicher Apérowein. Ich sagte mir: „Es ist ja nur für ein Jahr.“ Das half mir, mich auf etwas zu freuen – und den Verzicht nicht zu schwer zu nehmen.
Aber es kam ganz anders.
Das erste Mal, dass ich dachte „Ich kann mir vorstellen, auch in Zukunft alkoholfrei zu leben“, war der Moment, in dem sich mein Partner ein paar Monate nach Beginn unserer Challenge an die Mission „Guinness ohne Alkohol“ wagte. Und das war bei uns beiden fast ein bisschen wie die Suche nach dem heiligen Gral. Uns verbinden mit diesem Bier tatsächlich viele Emotionen – besonders aus unserer Anfangszeit. Wir gingen fast jedes Wochenende in unser Lieblingspub und gönnten uns dort ein oder zwei Guinness, bevor das gemeinsame Wochenende begann. Wir waren also entsprechend gespannt. Würden wir bitter enttäuscht – oder angenehm überrascht?Dieser Moment war rückblickend wirklich wegweisend. Und ja – wir wurden nicht enttäuscht. Im Gegenteil: Es war eine echte Offenbarung. Das alkoholfreie Guinness schmeckte so nah am Original, dass wir beide unabhängig voneinander dachten: „Okay. Das ist der Moment. Wir müssen gar nicht mehr zurück.“
Kleine Notiz an mich: Ich sollte wirklich mal einen eigenen Blogbeitrag über leckere alkoholfreie Alternativen schreiben – denn da gäbe es inzwischen einiges zu erzählen 😊
Aber ich verliere mich. Zurück zum Thema. Warum habe ich nach meinem alkoholfreien Jahr nicht wieder mit dem Trinken begonnen?
Nun – es war nicht der eine große Grund. Kein dramatischer Schlüsselmoment, keine Erleuchtung unter der Dusche. Es war vielmehr die Summe vieler kleiner Erkenntnisse. So viele positive Veränderungen, dass es sich fast von selbst ergab, weiter alkoholfrei zu leben.
Da war zum Beispiel dieses unfassbar bessere Körpergefühl, das sich nach etwa drei Monaten einstellte. Sowohl bei mir als auch bei meinem Partner. Es war wie eine innere Frühlingskur. Mein Körper fühlte sich gereinigt an – klarer, leichter, energiegeladener. Ich war weniger müde, hatte wieder Lust auf Bewegung. Mein Kopf war wacher, meine Gedanken sortierter. Alles wirkte ruhiger in mir, aber gleichzeitig auch lebendiger.
Und dann war da mein Körper. Ich hatte seit Jahren mit starken Endometriosebeschwerden zu kämpfen – Schmerzen, Krämpfe, Müdigkeit. Und plötzlich... war es fast weg. Es war, als hätte mein Körper endlich Raum zum Durchatmen bekommen. Meine Muskeln waren weniger verkrampft, ich regenerierte schneller nach dem Sport, meine Haut wurde sichtbar besser. Ich hatte schon seit meiner Jugend mit Unreinheiten zu kämpfen – nichts Wildes, aber immer wieder kleine Pickel. Und auf einmal: nichts. Ich dachte zuerst, es läge am neuen Serum. Bis mir dämmerte: Vielleicht liegt’s ja doch an meinem neuen Lifestyle.
Auch mein Schlaf war wie ausgewechselt. Tief, erholsam, zuverlässig. Ich wusste plötzlich wieder, wie sich „ausgeruht aufwachen“ anfühlt – ein Zustand, den ich fast vergessen hatte.
Und meine Psyche? Auch die veränderte sich still und leise. Ich wurde ausgeglichener, ruhiger. Weniger gereizt. Ich konnte besser mit Frust umgehen, mit unangenehmen Gefühlen. Der Impuls, mich mit einem Glas Wein „runterzuregulieren“, war plötzlich nicht mehr da. Und das war ein Meilenstein für mich. Ich habe gelernt, dass ich mit Emotionen auch ganz ohne Alkohol umgehen kann – ja sogar besser.
Es waren nicht nur offensichtliche Dinge, die sich veränderten. Es war vielmehr ein ganz neues Körperbewusstsein. Ich fühlte mich endlich wieder in mir angekommen. Ich lernte, wie ich mich in angespannten Momenten selbst beruhigen kann – mit Atmen, Bewegung, Reflexion. Ich musste nicht mehr ausweichen, nichts mehr dämpfen. Ich war plötzlich da. Mit allem, was ich bin.
Und auch wenn das jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben klingt: Es war wie ein kleines Aufwachen.
Eine weitere Sorge, die ich zu Beginn hatte, betraf mein Umfeld. Ich bin ja eher konfliktscheu – also fragte ich mich: Wie würde ich das meinen Freundinnen erklären? Meiner Familie? Würde ich in dieselbe Ecke geschoben wie Vegetarierinnen in den frühen Nullerjahren, als das noch als schrullig galt? Ich übte im stillen Kämmerlein, wie ich auf neugierige oder kritische Fragen reagieren könnte. Nicht, weil ich mich rechtfertigen wollte – im Gegenteil. Ich wollte nicht in die Rechtfertigung rutschen. Ich wollte klar, freundlich und bestimmt sagen können: „Ich trinke nicht. Punkt.“ Und das ganz ohne erhobenen Zeigefinger. Und dann kam... nichts. Kein Theater. Keine komischen Fragen. Es war, als wäre es einfach okay.
Die meisten Menschen reagierten sogar sehr wertschätzend. Viele sagten: „Wow, ich bewundere das. Ich glaube, ich könnte das nicht.“ Und obwohl ich das nicht brauchte, tat es gut. Es machte mich still froh.
Und dann ist da noch mein Faible für Bier. Ich bin einfach eine Bierliebhaberin. Und um ehrlich zu sein: In der Schweiz fand ich lange keine richtig guten alkoholfreien Varianten. Es war alles ein bisschen... meh. Bis ich das alkoholfreie Einsiedler Bier entdeckte – und kurz darauf das Baarer alkoholfreie. Die sind tatsächlich gut. Aber mein Herz schlägt für die Vielfalt, die ich aus Deutschland kenne. Besonders die Brauerei Lambsbräu hat ein riesiges Sortiment an alkoholfreien Bieren, die geschmacklich absolut überzeugen. Ich habe noch keinen Produzenten erlebt, der so viel Wert auf Geschmack und Auswahl legt. Und natürlich: das alkoholfreie Guinness – mein persönliches Kronjuwel. Es ist nicht nur ein Ersatz. Es ist eine echte Alternative.
Wenn das alles da ist – diese Vielfalt, diese Lebensqualität, dieses neue Körper- und Lebensgefühl – warum sollte ich dann zurück? Ich brauche keinen Alkohol mehr. Nicht aus Prinzip, sondern aus Überzeugung. Nicht, um mich von anderen abzuheben. Sondern aus Selbstliebe. Weil ich endlich wieder klar spüre, was mir guttut. Und was nicht.
Und genau deshalb habe ich nach meinem alkoholfreien Jahr nicht wieder damit begonnen, Alkohol zu trinken.